Datenschutzrecht-Praxis

 


Neues zum Datenschutzrecht


21.8.2020

Tracking und Cookie-Banner im Fokus der Datenschutzaufsichtsbehörden

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI B-W) hat angekündigt, in Kürze mit anderen deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden in einer groß angelegten Aktion Online-Angebote auf eine rechtskonforme Einbindung von Tracking-Technologien zu prüfen. In seiner Pressemitteilung vom 19. August 2020 gab der LfDI B-W weiter bekannt, dass zunächst Online-Angebote und Websites von "bedeutenden Medienunternehmen" mit großer Reichweitenstärke im Fokus dieser anlassunabhängigen Prüfung stehen. Neben der technischen und rechtlichen Prüfung einzelner Angebote soll die Prüfung auch dazu dienen, den beteiligten Aufsichtsbehörden einen Überblick über die derzeitige Praxis beim Einsatz von Tracking-Tools zu verschaffen.

Hintergrund

Der Einsatz von Cookies und anderen Tracking-Technologien ist seit langem Gegenstand rechtlicher Diskussionen und Auseinandersetzungen. Zuletzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 28.5.2020 (I ZR 7/16 - Cookie-Einwilligung II) entschieden, dass für den Einsatz von Cookies zur Erstellung von Nutzerprofilen für Zwecke der Werbung oder Marktforschung die Einwilligung des Nutzers erforderlich ist. Das folgt nach Ansicht des BGH aus der Regelung in § 15 Abs. 3 Telemediengesetz (TMG), der das Gericht trotz entgegenstehenden Wortlauts im Wege einer europarechtskonformen Auslegung  das Erfordernis einer Einwilligung entnommen hat. Außerdem wurde nunmehr nochmals höchstrichterlich entschieden, dass keine wirksame Einwilligung vorliegt, wenn Cookies zur Erstellung von Nutzerprofilen für Zwecke der Werbung oder Marktforschung durch ein voreingestelltes Ankreuzkästchen erlaubt werden, das der Nutzer zur Verweigerung seiner Einwilligung abwählen muss. Auf die Frage, ob es sich bei den Informationen um personenbezogene Daten handelt, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (zu dem Sachverhalt und den Entscheidungsgründen im Detail s. Datenschutz-News vom 29.5.2020).

Der BGH hat den Ausgangsfall unter Berücksichtigung eines vorangegangenen Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) entscheiden. Die Vorlageentscheidung des EuGH hatte verschiedene Fragen zur Auslegung der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (Richtlinie 2002/58/EG; ePirvacy-Richtlinie), der Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/46/EG) sowie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hinsichtlich der Wirksamkeit einer Einwilligung in das Setzen von Cookies durch ein voreingestelltes Ankreuzkästchen zum Gegenstand.

Der EuGH hat mit Urteil vom 1.10.2019 (C-673/17; Planet49) – auch hier nicht wirklich überraschend – entschieden, dass bei einem Ankreuzfeld, das per Voreinstellung angekreuzt und standardmäßig mit einem Häkchen versehen ist, die Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung nicht vorliegen. Überdies hat der EuGH in seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass der Nutzer durch klar verständliche und hinreichend detaillierte Information in die Lage versetzt werden muss, die Konsequenzen seiner Einwilligung leicht zu bestimmen und die Funktionsweise der verwendeten Cookies zu verstehen. Daher sind auch Angaben zu Dritten, die Zugriff auf die Cookies erhalten können, und zur Funktions- bzw. Speicherdauer der Cookies zu machen.

Praxishinweise

Für die Praxis lässt sich festhalten, was bereits seit dem EuGH-Urteil vom 1.10.2019 (C-673/17) galt: Die in verschiedensten Ausprägungen sog. Cookie-Banner umgesetzte „Widerspruchslösung“ auf Basis von § 15 Abs. 3 TMG ist endgültig nicht mehr haltbar. Der Einsatz von einwilligungsbedürftigen Cookies kann nicht auf sog. Cookie-Banner gestützt werden, die mit mehr oder weniger konkreten Hinweisen und einem „Okay“-Button versehen sind. Die weitere Nutzung einer Website stellt keine Einwilligung dar, wie sie die ePrivacy-Richtlinie und die DSGVO verlangen.

Das Erfordernis einer Einwilligung für Cookies und anderen Tracking-Technologien zu Werbezwecken folgt bis zu dem noch nicht absehbaren Inkrafttreten der ePrivacy-Verordnung (dazu s. Datenschutz-News v. 28.2.2020) weiter aus § 15 Abs. 3 TMG, aber in europarechtskonformer Auslegung. Das entspricht zwar nicht der Rechtsauffassung der deutschen Aufsichtsbehörden, die bislang von einer Anwendung der DSGVO ausgingen. Allerdings kamen die Behörden auch bislang schon zu dem Ergebnis, dass es zumindest für Cookies zu Werbezwecken einer Einwilligung bedarf (s. Orientierungshilfe für Anbieter von Telemedien (hrsg. von der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder).

Der LfDI B-W hat zwar angekündigt, dass die Prüfung einer rechtskonformen Einbindung von Tracking-Technologien zunächst nur Online-Angebote von Medienunternehmen mit großer Reichweitenstärke betreffen wird. Es steht jedoch außer Frage, dass früher oder später jede Website in den Fokus der Aufsicht geraten kann. Zudem steigt das Abmahnrisiko durch Verbraucherschutzverbände und Wettbewerber. Daher sollten Website eines Unternehmens keine „offene Flanke“ sein und insbesondere der Einsatz von Cookies und anderen Tracking-Technologien auf deren Rechtskonformität geprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Dabei sollte auch auf die Ausgestaltung der Einwilligungserklärungen geachtet werden. Viele der mittlerweile eingesetzten Cookie-Management-Tools sehen ein Design vor, das darauf abzielt, ein Ablehnen von Trackingcookies zu Werbezwecken weniger wahrscheinlich zu machen. Diesem Punkt werden in Zukunft vermutlich auch die Datenschutzaufsichtsbehörden mehr Aufmerksamkeit schenken, da  auch der BGH diese unter dem Begriff „Dark Patterns“ diskutieren Aspekte in seinem Urteil vom 28.5.2020 (I ZR 7/16 - Cookie-Einwilligung II) kritisch aufgreift. Allerdings kann der BGH-Entscheidung kein generelles Verbot einer indirekten Einflussnahme auf Entscheidungsprozesse, z.B. durch eine bestimmte Gestaltung von Einwilligungsformularen entnommen werden.

Sollten Sie Fragen zum rechtskonformen Einsatz von Cookies und anderen Tracking-Technologien oder zu sonstigen datenschutzrechtlichen Themen haben oder dabei Unterstützung benötigen, können Sie mich gerne kontaktieren.


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