Datenschutzrecht-Praxis

 


Neues zum Datenschutzrecht


7.4.2023

Verspätet erteilte Auskunft nach Art. 15 DSGVO kann teuer werden

Nach einem Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 9.2.2023 (Az. 3 Ca 150/21) muss ein Unternehmen einem ehemaligen Beschäftigten immateriellen Schadensersatz in Höhe von 10.000 Euro leisten, weil es den Auskunftsanspruch des ehemaligen Beschäftigten nach Art. 15 DSGVO nicht fristgerecht erfüllt hat.

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Der Kläger hatte bei seinem ehemaligen Arbeitgeber Zahlungsansprüche aus seiner vormaligen Tätigkeit geltend gemacht und ein Auskunftsersuchen nach Art. 15 DSGVO gestellt. Nachdem das Unternehmen diesem Auskunftsbegehren über 20 Monate lang nicht nachgekommen war, erhob der ehemalige Beschäftigte Klage auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO und auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO. Das Arbeitsgericht Oldenburg gab der Klage statt und verurteilte den ehemaligen Arbeitgeber zur Auskunftserteilung und sprach dem ehemaligen Beschäftigten ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro zu.

Nach Auffassung des ArbG Oldenburg führe bereits der Verstoß gegen die DSGVO - hier die nicht innerhalb eines Monats erteilte Auskunft nach Art. 15 DSGVO - zu einem immateriellen Schaden. Daher sei eine nähere Darlegung des Schadens durch den Kläger nicht erforderlich. Insoweit folgt das ArbG Oldenburg dem BAG, das eine reine Verletzung der DSGVO für ausreichend hält, zumal dem Anspruch ein Präventionscharakter und eine Abschreckungsfunktion zukämen.

Die Höhe des Schmerzensgeldes begründet das Gericht mit dem hohen Auskunftsinteresse des Klägers sowie dem langen Zeitraum von 20 Monaten, in dem der Auskunftsanspruch nicht erfüllt wurde. Das Gericht hält einen Betrag in Höhe von 500 Euro pro Monat für angemessen. Damit ergibt sich für den Gesamtzeitraum von 20 Monaten eine Summe von 10.000 Euro im Gegensatz zu dem Betrag von 1.000 Euro, den das BAG in seiner letzten Entscheidung als Entschädigung zugesprochen hatte.

Der vollständige Entscheidungstext ist aktuell leider nur im zahlungspflichtigen Bereich von Beck-Online abrufbar (BeckRS 2023, 3950).

Bewertung und Praxishinweis

Auskunftsansprüche nach Art. 15 DSGVO sind grundsätzlich innerhalb eines Monats zu erfüllen. Das folgt aus Art. 12 Abs. 3 Satz 1 DSGVO. Wird diese Frist nicht eingehalten und liegt keine Ausnahme gem. Art. 12 Abs. 3 Satz 2 DSGVO vor, handelt es sich zum einen um einen bußgeldbewerten Gesetzesverstoß gem. Art. 83 Abs. 5 lit. b DSGVO, der mit einer Geldbuße von bis zu 20.000.000 Euro oder bei Unternehmen von bis zu 4 % des Jahresumsatzes geahndet werden kann. Zum anderen handelt es sich um eine Verletzung der Rechte der betroffenen Person, die Schadensersatzansprüche begründen kann. Dass dieser Schadensersatz im Einzelfall sehr hoch ausfallen kann, zeigt das Urteil des ArbG Oldenburg . Zwar muss hier berücksichtigt werden, dass die Verweigerung einer Auskunft über einen Zeitraum von 20 Monaten eine gravierende Rechtsverletzung darstellt. Dennoch kann die Gerichtsentscheidung ein guter Anlass sein, den Auskunftsprozess zu überprüfen, damit keine ungewollte Verzögerung und damit die Gefahr eines Bußgeldes oder eines Schadensersatzes entsteht.

Abschließend noch folgender Hinweis: Ob ein Datenschutzverstoß als solcher für das Entstehen eines Schadensersatzanspruchs ausreicht oder es darüber hinaus der Darlegung und des Nachweises eines konkreten – materiellen oder immateriellen – Schadens bedarf, ist umstritten. Rechtssicherheit werden die Vorabentscheidungsersuchen des BAG vom 26.8.2021 (Az. 8 AZR 253/20 (A), anhängig beim EuGH (Az. C-667/21)) sowie des OGH Österreich vom 15.4.2021 (Az. 6 Ob 35/21x, anhängig beim EuGH (Az. C-300/21)), bringen. Der Generalanwalt hat sich im zweitgenannten Verfahren in seinen Schlussanträgen vom 6.10.2022 kritisch geäußert. Er hält eine reine Verletzung datenschutzgesetzlicher Pflichten für nicht ausreichend:

Für die Anerkennung eines Anspruchs auf Ersatz des Schadens, den eine Person infolge eines Verstoßes gegen die genannte Verordnung erlitten hat, reicht die bloße Verletzung der Norm als solche nicht aus, wenn mit ihr keine entsprechenden materiellen oder immateriellen Schäden einhergehen.

Der in der Verordnung 2016/679 geregelte Ersatz immaterieller Schäden erstreckt sich nicht auf bloßen Ärger, zu dem die Verletzung ihrer Vorschriften bei der betroffenen Person geführt haben mag. Es ist Sache der nationalen Gerichte, herauszuarbeiten, wann das subjektive Unmutsgefühl aufgrund seiner Merkmale im Einzelfall als immaterieller Schaden angesehen werden kann.

Es bleibt abzuwarten, ob der EuGH der Auffassung des Generalanwalts folgt, was allerdings sehr häufig der Fall ist.

Sollten Sie Fragen zum Auskunftsrecht gem. Art. 15 DSGVO, zum Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO oder zu sonstigen datenschutzrechtlichen Themen haben oder dabei Unterstützung benötigen, können Sie mich gerne kontaktieren.


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