Datenschutzrecht-Praxis

 


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24.11.2022

Google Fonts? Schadensersatz! – Massenhafte Forderungsschreiben

Es rollt eine Welle von Schadensersatzforderungen aufgrund eines rechtswidrigen Einsatzes von Google Fonts durch das Land. Um es bereits an dieser Stelle klarzustellen: Es handelt sich bislang nicht um eine „Abmahnwelle“, wie zuweilen zu lesen und zu hören ist. Vielmehr werden massenhaft Schadensersatzansprüche von vermeintlich betroffenen Personen bzw. deren Rechtsanwälten geltend gemacht.

Vielleicht war es ja das Urteil des LG München I, das die „Initialzündung“ für diese massenhaften Schreiben gab. Das Gericht hatte einem Website-Besucher einen Schadensersatz in Höhe von 100 Euro zugesprochen, weil auf der besuchten Website Schriftarten von Google eingebunden waren. Das Urteil (LG München I, Urteil v. 20.01.2022 - 3 O 17493/20) ist rechtskräftig. An der datenschutzrechtlichen Bewertung durch das Gericht gibt es grundsätzlich nichts zu deuteln. Was war das datenschutzrechtliche Problem?

Einsatz von Google Webfonts

Bei Google Webfonts handelt es sich – vereinfacht beschrieben – um ein Verzeichnis von Schriftarten, die von Google zur freien Verfügung gestellt werden und in Webseiten eingebunden werden können. Der Einsatz von Google Fonts als solcher ist datenschutzrechtlich noch unkritisch. Problematisch wird es, wenn die Einbindung so erfolgt, dass die Dateien für die jeweilige Schriftart von Google-Servern abgerufen werden. Das ist jedoch eines der besonderen Merkmale, das den Einsatz von Google Fonts in der Praxis attraktiv macht: Die Schriftarten können auf der eigenen Website eingebunden werden, ohne dass sie auf den eigenen Server hochgeladen werden müssen. Allerdings werden in diesem Fall Daten an Google übermittelt. Eine Weiterleitung der IP-Adresse von Website-Besuchern bedarf aber einer Rechtsgrundlage, die nicht vorhanden ist. Auf die grundsätzlich denkbare, in der Praxis aber kaum sinnvoll umsetzbare Lösung einer entsprechenden Einwilligung möchte ich hier nicht weiter eingehen.

Zwischenzeitlich hat sich sogar Google dazu geäußert und sichert zu, die Daten ausschließlich zum Ausliefern von Webfonts zu verwenden. Nachzulesen ist das Ganze in Googles FAQ zu den Fonts. Dort hießt es u.a. wörtlich:

„ … Wenn Endnutzer eine Website aufrufen, auf der Google Fonts über die Google Fonts Web API eingebettet ist, erhalten die Server von Google die IP-Adressen der Nutzer als Teil der Netzwerkverbindung zwischen Google und dem Nutzer. Google speichert oder speichert die IP-Adressen nicht und löscht sie nach der Übertragung der Schriftart an den anfordernden Nutzer.“

„ … Google verwendet keine der von Google Fonts erfassten Informationen, um Profile von Endnutzern zu erstellen oder zielgerichtete Anzeigen zu schalten.“

Je nach Position und Argumentation kann diese Aussage zumindest in begrenztem Ausmaß hilfreich sein, z.B. wenn auf die Rechtsgrundlage Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO (berechtigtes Interesse) abgestellt wird. Allerdings wird das Problem nicht final gelöst wird. Es ist eine Argumentation (von Google) und der zweite kritische Punkt, nämlich die Datenübermittlung in die USA, also ein Drittland, kann damit auch nicht gelöst werden. Daher bleibt es bei der Empfehlung, bei der Nutzung von Google Fonts diese nicht von Google-Servern abzurufen, sondern im Rahmen der lizenzrechtlichen Bedingungen lokal zu hosten.

Schreiben mit Schadensersatzforderung - Was tun?

Bleibt noch die Frage, wie mit der Schadensersatzforderung umzugehen ist. Da zunehmend „Trittbrettfahrer“ aufspringen, gibt es mittlerweile mehrere Varianten eines solchen Schreibens. Beispielsweise wird die Schadensersatzforderung teilweise mit der Geltendmachung des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs verknüpft. Daher sollten Sie ein etwaiges Schreiben in jedem Fall sorgfältig lesen und differenzieren. Eine etwaige Geltendmachung von Betroffenenrechten sollte geprüft und gemäß den gesetzlichen Vorgaben bearbeitet werden. Die Schadensersatzforderung ist – zumindest bei den mir bislang bekannten Schreiben – ihrer Höhe nach zwar relativ gering, so dass man nach einer Gesamtabwägung im Zweifel dazu neigen könnte, die Zahlung zu leisten. Und genau das ist die Masche, die hinter dieser massenhaften Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen steckt. Denn es ist durchaus zweifelhaft, ob die Verfasser dieser Schreiben bei Nichtzahlung tatsächlich den Rechtsweg beschreiten werden. Das kann natürlich im Einzelfall durchaus geschehen. Das Prozess- und Kostenrisiko bzgl. der Durchsetzung dieses Anspruchs besteht aber eben nicht nur für den Betreiber der Website, sondern gerade auch für den Absender des Schreibens bzw. Anspruchsteller. Hier spielt insbesondere auch die Frage der Nachweisbarkeit eine Rolle. Denn im Zivilgerichtsprozess müssen die behaupteten Rechtsverstöße nachgewiesen werden und der Beweiswert der den mir bislang bekannten Schreiben beigefügten Nachweise ist zweifelhaft. Im Übrigen steht auch die Frage eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens im Raum. Die Geltendmachung gesetzlich zustehender Ansprüche ist selbstverständlich legitim. Sofern dahinter jedoch sachfremde Erwägungen stehen bzw. Ziele verfolgt werden, kann das im Einzelfall ein rechtsmissbräuchliches Verhalten darstellen.

Bitte beachten Sie, dass vorstehende Hinweise zu den mir bislang bekannten Schreiben weder eine Rechtsberatung darstellen noch diese ersetzen können.

Sollten Sie Fragen zum Einsatz von Google Webfonts oder zu sonstigen datenschutzrechtlichen Themen haben oder insoweit Unterstützung benötigen, können Sie mich gerne kontaktieren.


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